Am laufenden Band werden uns Mahnungen und Vorwürfe zum Thema Umweltzerstörung um die Ohren geschlagen. Atomkraftwerke sollen geschlossen und die Ausbeutung der Ressourcen in fremden Ländern bzw. der Raubbau an der Natur muss gestoppt werden. Außerdem sollen wir umweltbewusster und nachhaltiger Leben, unter anderem durch Konsumverzicht. Schließlich verhungern in Afrika die Kinder und am Südpol bekommen die Pinguine, dank der Klimaerwärmung, einen Hitzschlag. Plakate, Infostände und Fernsehwerbung betteln deswegen regelmäßig um Spenden. Es ist so präsent, dass es nervt. Mit einem Singsang aus Schuld und Schock-Bildern geht über viele Jahre hinweg eine gewisse Abstumpfung einher. Fotos von abgemagerten Kindern lösen keine Gefühle mehr aus, genauso wenig wie die von verendeten Tieren. Man hat einfach keine Lust mehr, sich deswegen schlecht zu fühlen, in beständiger Trauer über das Leid in der Welt zu sein oder in Angst um die Zukunft zu leben.

Doch nur, weil es stört, ist die Problematik nicht größer oder kleiner. Sie ist ganz einfach da und ein sehr guter Indikator dafür, was an unserer Gesellschaft nicht stimmt. Um dennoch mehr Auflockerung in das Thema zu bringen, wird hier neben der Vorstellung der relevanten Informationen auch die Halbwahrheiten betrachtet, welcher gerne in der Presse breitgetreten werden.

Die Grundproblematik ist, dass wir als Menschen mehr verbrauchen, als unsere Welt uns dauerhaft geben kann. Der gängige Messwert um das festzustellen ist das Verhältnis der Biokapazität zum ökologischen Fußabdruck. Dieser zeigt an, ob die Erde eine Möglichkeit hat den aktuellen durchschnittlichen Lebensstandard der Menschheit dauerhaft zu ermöglichen. Liegt der Wert über 100% bedeutet es, dass mehr entnommen wird, als nachproduziert werden kann, wodurch es zu Umweltzerstörung kommt. Aktuell liegt er bei ca. 160%, also bräuchten wir 1,6 Erden, um alles so zu erhalten, wie es ist. Im Klartext heißt das, dass es Waldrodungen gibt, Überfischung und Abbau von fossilen Rohstoffen. Außerdem werden in der Landwirtschaft Böden durch übermäßige Düngung, Bewässerung und Bewirtschaftung so ausgelaugt, dass sie unfruchtbar werden und sich im schlimmsten Fall zu einem wertlosen Stück Land entwickeln.

All das ist das genaue Gegenteil von nachhaltig und sorgt auf lange Sicht für schwerwiegende Probleme. Die Staaten, die dafür verantwortlich sind, werden die Folgen daraus allerdings als letztes zu spüren bekommen. Denn sie importieren Rohstoffe zu billigen Preisen, verarbeiten sie und verkaufen sie dann teurer weiter, wodurch sie landeseigene Ressourcen schonen können. Dank eines verfeinerten Wertes des ökologischen Fußabdrucks, kann man Staaten, die auf diese Art und Weise profitieren, entlarven. Dieser berechnet anhand des Lebensstandards in einem Land, wie viel Fläche ein Mensch zum Leben benötigt. Damit ist nicht nur die eigene Wohnung gemeint, sondern genauso Kleidung, Lebensmittel oder elektronische Geräte. All das braucht Arbeiter, Rohstoffe, Plantagen oder Fabriken, die Platz benötigen und anteilmäßig auf den einzelnen Konsumenten umgerechnet werden können. Nimmt man alle diese Güter zusammen, ergibt sich als Wert für den hohen Lebensstandard eines EU-Bürgers eine Fläche von 4,8 Hektar pro Person. Allerdings stehen nur 2,2 Hektar gemessen an der EU-Landfläche zur Verfügung. Das bedeutet, dass die EU und damit auch Deutschland im Schnitt doppelt so viel verbrauchen, wie sie eigentlich haben. Und diese doppelte Menge holen sie sich hauptsächlich durch die Ausbeutung anderer Länder, aber auch ihrer eigenen Umwelt.

So viel zu den groben Fakten. Was nun über dieses Thema in Artikeln und Nachrichten berichtet wird, dreht sich hauptsächlich um Lebensmittelknappheit und Hunger. Gerne wird geschrieben, dass ein Drittel aller Nahrungsmittel weggeworfen wird, was eine riesige Verschwendung wäre und auf das Konto der westlichen Welt ginge. Dabei übersehen die Artikelschreiber konsequent, dass man nicht 33% mehr Nahrung auf den Markt bringen kann, wenn nur jeder brav seinen Teller aufisst. In einer Studie für die 27 EU-Staaten zeigt sich, dass 42% dieser Abfälle von Privathaushalten verursacht werden, 39% durch den Produktionssektor und 14% durch Restaurants und Lieferdienste.

Die Abfälle im Produktionssektor gelten allgemein als nahezu unvermeidbar. Einmal fallen unbrauchbare Lebensmittel direkt auf den Feldern an. Schließlich gibt es bei der maschinellen Ernte auch unreife, überreife, kranke und kaputte Nahrungsmittel, die erst im späteren Prozess aussortiert werden. Darauf folgen Weiterverarbeitung und Transporte, die selbstverständlich in jedem Produktionsschritt Verluste haben, bis man schlussendlich zu dem gewünschten Produkt kommt. In unserem kapitalistischen System kann man davon ausgehen, dass sämtliche dieser Schritte auf das Höchste optimiert wurden, um den maximalen Profit zu erlangen. Einzig Ware, die aus kosmetischen Gründen nicht verkauft werden kann, könnte als vermeidbarer Abfall auftauchen. Hierzu gibt es aber keine konkrete Statistik. Ein guter Teil dieser Ware dürfte aber in den Supermärkten selbst aussortiert werden und hier liegt der Anteil an weggeworfenen Essen bei nur 5%.

Der Anteil der Privathaushalte wie auch der Anteil der Restaurants und Lieferdiensten kann allerdings entscheidend gesenkt werden. Geht man davon aus, man würde die Verschwendung in den Privathaushalten auf unglaubliche 10% einschränken und auch in den anderen Bereichen ein paar Prozent einsparen, könnte man die Abfälle um 40% senken.

Dies gilt aber nur in Industrienationen. Gerade in ärmeren Gebieten der Welt ist der größte Posten von Abfällen nicht in den Privathaushalten zu finden, aber ein dazu äquivalent größerer Teil im Produktionssektor. Hier fehlen häufig Gelder und Infrastruktur für einen schnellen Transport oder eine gekühlte Lagerung, wodurch einiges an Lebensmitteln verdirbt. Mit starken Förderungen in diesem Bereich wären ebenfalls grob 40% an Einsparungen möglich.

Nimmt man nun die Zahlen aus den Entwicklungsländern und den EU-Staaten zusammen und überträgt sie auf die Welt, müssten insgesamt nur noch 20% der Lebensmittel im Abfall landen, statt 33%. Diesmal aber nahezu unvermeidbarer Abfall. Damit hätte man insgesamt 13% mehr Nahrung zur Verfügung. Und das ist wirklich optimistisch gerechnet und schöpft alle Möglichkeiten in diesem Bereich aus.

Doch es gibt noch andere Bereiche, welche in verschiedenen Artikeln kritisiert werden, wie der Anbau von sogenannten Energiepflanzen, welche beispielsweise für Biogasanlagen, Bioethanol oder Biodiesel verwendet werden. Aber wie viel mehr Nahrung könnte erhalten werden, wenn man diese Entwicklung rückgängig macht? Betrachtet man die weltweite Fläche an Ackerland gemeinsam mit der Fläche an permanent genutzten Flächen für Obstbäume (sogenannte Streuobstwiesen) kommt man auf 1,5 Milliarden Hektar. Das Gebiet für den Anbau von Energiepflanzen hatte 2007 nur 47 Millionen Hektar betragen, also nur 3% dieser Gesamtfläche. Allerdings ist hier noch hinzuzufügen, dass je nach Energiepflanze ein bestimmter Prozentsatz als Viehfutter verwendet wird und dass auch einiges der Weidefläche von 3,4 Milliarden Hektar Land dafür genutzt wird. Somit kann der Gesamtbetrag auf ca. 2% geschätzt werden.
Gerade in Deutschland kommt es einem so vor, als würden Energiepflanzen, wie zum Beispiel Energiemais, plötzlich überall angebaut werden. Und das täuscht nicht, denn schon 2011 waren 19% der Ackerfläche Deutschlands mit Energiepflanzen bedeckt. Dies beschränkt sich aber stark auf Deutschland, welches zusammen mit ein paar anderen Staaten eine Vorreiterrolle besitzt. Also ist das ein völlig aufgebauschtes Problem, welches nur für zukünftige Entwicklungen eine ernsthafte Rolle spielen könnte.
Verzichtet man auf Energiepflanzen wäre es möglich, bei einer jährlichen Produktion von 4 Milliarden Tonnen essbarer Lebensmittel 2% mehr zu produzieren, also 4,1 Tonnen. Werden statt 33% nur mehr 20% davon weggeworfen, bleiben 3,28 Milliarden Tonnen übrig. Damit wäre eine Steigerung von ca. 22% zu erreichen.

Wie vielleicht schon dem einen oder anderen aufgefallen ist, wurde hier einiges an Abschätzungen vorgenommen, die nur schwer belastbar sind. Aber das müssen die Zahlen auch gar nicht sein. Sie sollen nur zeigen, dass durch diese Einsparungen die Nahrungsmittel der Welt nicht plötzlich verdoppelt oder verdreifacht werden können, sondern sich das Ganze in einem kleineren Rahmen bewegt. Und zwar klein genug, dass es kein Problem sein dürfte, dieses Mehr an Lebensmitteln zu verkonsumieren.
Würde man die aktuell vorhandenen Lebensmittel gleichmäßig auf der Erde verteilen, könnte die Zahl der Lebensmittel sogar jetzt schon ausreichen, um alle Menschen damit zu ernähren. Vergrößert man die Menge um 22%, sollte es also erst recht reichen. Allerdings müsste man die Ernährung umstellen, sich mehr vegetarisch ernähren und auch andere Einschränkungen in Kauf nehmen. Daher sieht die Wirklichkeit anders aus. Erhöht man die Menge an Nahrung, dann werden die Menschen in den Industrienationen eben 22% dicker. Oder es erhöht sich der Lebensmittel- und besonders der Fleisch-Konsum im Rest der Welt, was ohnehin jedes Jahr passiert. Dabei ist zu bedenken, dass 1 kg Fleisch 2-6 kg Futtermittel in der Mast benötigt. Menge und Qualität haben weder in Industrienationen noch in Schwellenländern ihr Maximum erreicht und können um ein Vielfaches erhöht werden. Das sollte ihnen auch niemand verübeln. Es ist eigentlich peinlich, dass in unserer fortgeschrittenen Gesellschaft immer noch darüber nachgedacht werden muss, wie wir uns nachhaltig mit Nahrung versorgen können. Tausende Jahre Entwicklung in der Landwirtschaft haben leider nicht für eine Lösung gesorgt, sondern hauptsächlich die Weltbevölkerung vergrößert.

Neben diesen Problemen gibt es auch noch zwei weitere Klassiker, die durchaus zu Recht in Artikeln gerügt werden, auch wenn sie oftmals zu einseitig behandelt werden.
Einmal die reine Profitgier der Investoren, welche Land in armen Ländern aufkaufen und dieses mit billigen Arbeitskräften ausbeuten. Bestimmte Nahrungsmittel werden sehr intensiv angebaut, welche dann unter hohen Gewinnen in die Industrienationen ausgeführt werden können. Der Boden leidet stark darunter und ist nach wenigen Jahren so weit ausgelaugt, dass sich eine weitere Bebauung nicht mehr lohnt. Die Investoren stört das aber nicht, denn sie ziehen schlicht zum nächsten Gebiet weiter und hinterlassen zerstörtes Ackerland. Arme Länder werden also wie Kolonien behandelt, die man ausnutzen kann, wie man es für richtig hält.
Auf der anderen Seite bringen Investoren fortschrittliche Maschinen und ein besseres Wissen um die Landwirtschaft mit, als die einzelnen Bauern vor Ort, was Vorteile hat. Mittlerweile gibt es wohl auch eigens auferlegte Richtlinien, welche für eine nachhaltige Bewirtschaftung sorgen sollen.

Ein weiteres Problem ist die Spekulation auf Nahrungsmittel, was für eine zusätzliche Verknappung sorgt. Durch den An- und Verkauf von reelen aber auch fiktiven Mengen von beispielsweise Getreide, werden die Märkte massiv beeinflusst. Die Preise werden in die Höhe getrieben und fallen wieder, was zu ernsthaften Problemen in der Versorgung und viel unnötigem Leid führt.
Abgesehen von den genannten Punkten, gibt es noch einen letzten, der eigentlich nie im Bereich der Lebensmittelverschwendung genannt wird: Biolebensmittel. Diese sind zwar auf lange Zeit gesehen positiv für die Umwelt, dafür aber umso schlimmer für die Menschen, die jetzt leben. Bioprodukte benötigen mehr Fläche bei gleicher Produktivität. Gewöhnlicher Weizen beispielsweise kann dreimal so viel Fläche in biologischem Anbau benötigen wie in konventionellem. Somit könnte damit auch nur ein Drittel der Bevölkerung satt werden. Eine so drastische Verkleinerung der Lebensmittelproduktion hätte also unweigerlich schlimmere Folgen, als die wenigen Menschen, die durch den Pestizideinsatz krank werden. Selbst die mögliche Klimakatastrophe irgendwo in der Zukunft interessiert wenig, wenn man davor verhungert ist. Da biologischer Anbau nicht gerade einheitlich ist, gibt es auch bedeutend kleinere Zahlen zur Ertragsminderung um die 20%. Doch selbst diese Zahl übersteigt den Prozentsatz, an vermeidbarem Abfall bei Lebensmitteln. Da allerdings die Verbreitung von Bioprodukten nur ein paar Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen, ist auch hier keine besondere Gewichtung notwendig.
Gefährlich wird es erst, wenn dieser Trend sich weiter verbreitet, zu dem es komischerweise kaum Gegenstimmen gibt. Bio-Nahrung wird richtiggehend gefeiert und eine Verknappung der Lebensmittel völlig ausgeblendet. Wo sind die Warnhinweise unter dem Biosiegel? Biologisches Essen quält Kinder in Afrika. Wo bleiben radikale Linke die Bioläden mit blutigen Farbbomben bewerfen? Die Gegenbewegung, wie sie bei Energiepflanzen zu finden ist, fehlt hier einfach.
Was ergibt sich im Gesamtbild? Alle genannten Punkte haben ihren Anteil an der Problematik, treffen aber nicht wirklich das Kernproblem und können genauso wenig dafür sorgen, dass bei dem Anstieg der Bevölkerung von 7 auf 11 Milliarden alle Menschen versorgt werden können. Die Ackerfläche pro Person wird beständig weiter sinken. Was tatsächlich etwas verändern wird ist die Steigerung der Produktivität in bislang unterentwickelten landwirtschaftlichen Gebieten der Welt. Die Folgen davon werden ähnlich sein zu denen in Deutschland. Durch die große Zahl an Dünger, egal ob künstlich oder Kuhmist, wird es Probleme mit dem Nitratgehalt in Gewässern und im Grundwasser geben. Außerdem werden immer neue Spritzmittel die Tier und Pflanzenwelt schädigen. Also wird die Welt noch ein wenig mehr verschmutzt. Und daneben kommt es natürlich zu der Erschließung zusätzlicher Ackerflächen, auf Gebieten, die bislang vom Menschen verschont geblieben sind, wodurch die Natur weiter verdrängt wird.

Bislang betrachtet das nur die Problematik im Bereich der Lebensmittel. Der ökologische Fußabdruck beschreibt aber nicht nur den Umgang mit Nahrung, sondern den mit sämtlichen Ressourcen des Planeten. Wir werfen nicht nur Lebensmittel weg, sondern alle möglichen Gegenstände, die entweder kaputt sind oder nicht mehr aktuell genug. Reparieren ist zu einem Relikt aus grauer Vorzeit geworden.
Alternativ zum Dickwerden erhöhen wir immer weiter unseren Lebensstandard, durch den Traum vom eigenen Haus, mehr Urlaubsreisen und immer größere Flachbildschirme. Es ist das Maß, was den Meisten verloren gegangen ist und der Überblick über das, was Menschen in anderen Ländern haben. Es ist auch gar kein Interesse da, sich in irgendeiner Weise einzuschränken.

Dabei steht der Konsument aber nicht als Alleinschuldiger da. Genauso wie wir durch Werbung zu Konsum angetrieben werden, ruft auch unsere Regierung immer wieder zum Konsum auf, wenn die Steuereinnahmen nicht stimmen. Da kommt es durchaus zu einer Prämie, wenn man sein altes Auto verschrotten lässt, anstatt es zu verkaufen, um die Autoindustrie anzukurbeln. Auswirkungen auf die Umwelt interessieren dabei doch nicht wirklich.

Aber kann man als Einzelner etwas an der Situation verändern? Ist es nicht Aufgabe der Regierung, solche größeren Zusammenhänge zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen? Vermutlich ist das ihre Aufgabe. Aber eine Beschneidung des Wohlstands des eigenen Landes zu Gunsten anderer weit entfernter Länder würde wohl zu einem Staatsstreich führen. Die Menschen sind nicht bereit, etwas gegen das Unrecht in der Welt zu tun, insofern es sie selbst einschränkt. Besonders dann ist keine Wille vorhanden, wenn die Aussichten auf Erfolg nicht sicher sind. Schließlich müssten alle Länder diese Mäßigung im Konsum leben, nicht dass andere mehr haben als man selbst und man am Ende dumm da steht. Lieber wird die Erde Stück für Stück zerstört, als irgendwo einen Nachteil zu haben.

Somit bleiben am Ende nur auf der einen Seite Menschen in schäbigen Behausungen, ohne nennenswerte Güter und hungernden Bäuchen und auf der anderen Seite Menschen, die nicht auf ihr Traum-Haus, den jährlichen Urlaub und das neue Iphone verzichten wollen. Das Leben der Einen wird zum Tod der Anderen und zur Zukunftsangst kommender Generationen. Zug um Zug zieht sich die Schlinge weiter zu und das große Erwachen erfolgt erst, wenn es keinen Handlungsspielraum mehr gibt um die Welt zu retten.

Es ist längst Zeit zu handeln!